Das Immerherbstland im Nimmerzweiort
von Theresa Reichmann
Fliegende Bäche und flutende Seen.
Im Nimmerzweiort wird die Zeit schnell vergehen.
„Padautz, wie dies?“, sagt/fragt der kleinste Gast.
„Pass auf, wo du hintrittst, sonst freut sich der Ast.“
Das Immerherbstland ist für viele ein Fest,
für einige ein wundersam blättriges Nest,
das sich nicht stets verändert
und doch die Zeit verlängert.
Bis eines Tages Wildes geschah
und der molligste Gast den Bach übersah.
Das Wasser tobte, hüpfte über Stein und Moos.
Der molligste Gast wurd den Ballast nicht los.
Den, den er täglich mitschleppen musste,
von dem er viel zu wenig wusste,
war eine Klette an dem Bein,
stach schmerzlich in die Haut hineinn/rein,
Das Immerherbstland war ihm zu eng, zu kurz und zu erdrückend.
Er hielt sich fest am Trichterfarn.
Die Zeit wurd ihm bedrückend.
Er strampelte und schlug um sich
sorgte sich um sein Gewicht.
Zum ersten Mal im Leben
sah er was an sich kleben.
Es klebte wie ein Parasit,
wie jemand, der es wusste,
und drückte ihn mit einem Hieb
ins Wasser, weil er’s musste.
Eine junge Frau aus frohlockendem Tal,
sie freute sich aufs Abendmahl,
schlenderte den Bach entlang
und pflückte Blumen mit Gesang.
Bis zur Abenddämmerung saßen viele dieser Pflanzen
in ihrem selbst gewirbelten Korb.
Die letzten Sonnenstrahlen tanzten
und verschwanden von dem Ort.
Das frohlockende Tal war ihr zu groß,
zu viel von all der Weite.
Die Bäume schienen ihr zu kahl,
stets schob sie sie beiseite.
Sie stützte sich am Boden ab,
ihr Arm, der fast zerbrach.
Dann schmiegte sie sich mit dem Pack
an den Rand von diesem Bach.
Sie drückte/drückt‘ den Korb mit ihren Sorgen
zwischen Stein und Moos hinein.
Sie fühlte sich dort so geborgen
im purpurroten Abendschein.
Doch was war das?
Ein heulender Schrei.
Er kratzte ihr im Ohr.
Sein Schrei klang wie der tiefste Bass,
ein alleiniger Männerchor.
Mit zitternder Hand half sie dem Mann,
in dem Moment dacht sie nicht lang.
Sein Kopf war voll und ihrer leer,
somit war‘s Denken nicht mehr schwer.
Zusammen reisten sie dann fort
an keinen viel zu vielen Ort.
Das Immerherbstland im Nimmerzweiort
Einfache Sprache
Bäche fliegen durch die Luft,
Seen fließen über das Land.
Im Land „Nimmerzwei“ vergeht die Zeit sehr schnell.
„Wie kann das sein?“, fragt der kleinste Gast.
„Pass auf, wo du hintrittst, sonst freust du einen Ast!“
Im „Immerherbstland“ feiern viele ein Fest.
Für manche ist es wie ein Nest aus bunten Blättern.
Es bleibt fast immer gleich,
und trotzdem fühlt sich die Zeit dort länger an.
Doch eines Tages geschah etwas Wildes.
Der rundeste Gast sah den Bach nicht.
Das Wasser sprang über Steine und Moos.
Der Gast wurde seinen Ballast nicht los.
Er trug ihn jeden Tag mit sich herum.
Aber er wusste kaum, was es war.
Der Ballast klebte an seinem Bein
und tat ihm weh.
Das Land war ihm zu eng, zu kurz, zu schwer.
Er klammerte sich an einen Farn.
Die Zeit fühlte sich schwer und traurig an.
Er trat um sich,
sorgte sich um sein Gewicht.
Zum ersten Mal sah er,
dass etwas an ihm klebte.
Es war wie ein Parasit –
etwas, das genau wusste, was es tat.
Es drückte ihn mit voller Wucht
ins Wasser – als gäbe es keinen anderen Weg.
Eine junge Frau kam aus einem fröhlichen Tal.
Sie freute sich auf das Abendessen.
Sie ging am Bach entlang,
sang und pflückte Blumen.
Bis zum Abend hatte sie viele Blumen gesammelt
und in ihren selbst gemachten Korb gelegt.
Die Sonne ging unter,
das Licht verschwand.
Aber das Tal war ihr zu weit,
die Weite machte ihr Angst.
Die Bäume waren ihr zu leer.
Immer schob sie sie zur Seite.
Sie stützte sich auf den Boden,
ihr Arm tat weh.
Dann legte sie sich mit ihrem schweren Korb
an den Rand des Baches.
Sie drückte den Korb mit ihren Sorgen
zwischen Stein und Moos.
Dort fühlte sie sich sicher
im roten Licht des Abends.
Doch plötzlich hörte sie einen Schrei.
Er war laut und tief.
Er ging ihr durchs Ohr wie ein Schnitt.
Er klang wie viele Männer gleichzeitig –
aber es war nur einer.
Mit zitternder Hand half sie ihm.
Sie dachte in dem Moment nicht lange nach.
Er war voller Gedanken,
sie war leer.
So war das Denken einfach.
Dann reisten sie zusammen weiter –
nicht an einen Ort,
sondern an viele Orte zugleich.